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Dr. Gomes

Ich kannte Dr. Gomes seit einigen Jahren. Er war ein intelligenter Juggesselle aus gutem Hause, der einen Rotwein nie verschmähte und in der Lage war, Konversationen in drei Sprachen gleichzeitig zu führen. Nicht selten hörte man ihn spanisch parlieren, ehe er einen Bekannten auf portugiesisch begrüßte, während er einem Freund einen englischen Roman auseinandersetzte, den er gerade rezensierte. Nachdem er einige Gedanken über den inneren Monolog eines Piloten einwarf, den auszublenden, die eigentliche Aufgabe des Piloten sei, hörte ich ihn schon über Probleme der Wahrnehmungsebenen reflektieren, als ich ihn unterbrach, da ich wissen wollte, was es mit dem inneren Monolog des Piloten auf sich habe. „Der Pilot darf nicht denken“, erklärte Dr. Gomes. „Wenn der Pilot denkt, dann begibt er sich auf eine Abschussrampe, auf einen Blindflug. Seine Handlungen müssen Reflexe sein, ganauso automatisch wie die Maschine, die er bedient. Sonst drohen sich Abgründe zu öffnen, in die er unweigerlich abzustürzen trachtet.“ Gomes wusste, wovon er sprach. Nach seiner Dissertation über Lesetechniken der Psyche jenseits von Freud hatte Gomes seine kulturwissenschaftlichen Ambitionen aufgegeben. Ihn habe die lineare Abfolge der Worte schlicht gelangweilt, die Literatur sei im Grunde ereignislos und eigentlich eine lächerliche Aufgabe, ein fortgesetztes Kinderspiel, mehr nicht. Und der ………………………………………